Argentinien: 44 Millionen Einwohner
Hauptstadt: Buenos Aires
10. Oktober 2017 bis 10. April 2018
2'541 km und 18'679 Höhenmeter mit dem Fahrrad gefahren.
Ab 15.4.2018
Unter Hausbesetzern
Die folgenden drei Tage bis Punta Arenas fallen unter die Kategorie eintöniges und bisweilen langweiliges Velofahren. Die weite, baum- und buschlose Grassteppe wird nur von sanften Hügeln unterbrochen, Wasser macht sich rar, Verkehr gibt es nur wenig. Hunderte Guanakos grasen links und rechts der Strasse, suchen mit eleganten Sprüngen und dem typischen hohen Gewieher das Weite, wenn wir zu nah kommen.
Stundenlang bleibt die Landschaft gleich, lediglich die Kilometertafeln erinnern uns, dass wir zügig vorwärts kommen. Jeder hängt seinen Gedanken nach, zum Plaudern ist es zu kalt, selbst der Wind lässt uns meist in Ruhe.
Von der Kleinstadt Punta Arenas bringt uns die Fähre in gut zwei Stunden über die Magellanstrasse nach Porvenir auf Feuerland. Die Inselgruppe ist mit fast 74'000 km2 etwas grösser als Irland, hier wohnen aber nur 137'000 Menschen. Fernando Magellan sah 1520 bei seiner Erkundung der Wasserstrasse, die seinen Namen trägt, im Süden der Hauptinsel des Nachts vom Schiff aus viele Feuer der Ureinwohner. Daher der Name Feuerland.
Am Ende der Bahia Inutil könnten wir 15 km nach Süden pedalen und eine Kolonie Kaiserpinguine besuchen. Sicher interessant, trotzdem lassen wir es sein. 40 US$ Eintritt sind uns die kaiserlichen Frackträger, hinter einem Bretterzaun zu beobachten, nicht wert. Für weniger Geld haben wir uns gestern Abend (ausnahmsweise) ein feines Nachtessen mit einer grossen Tranche Lachs gegönnt. Der Magen entscheidet stets mit.
Nach 100 km Schotterstrasse wechseln wir auf die neue, noch nicht für den Verkehr freigegebene Betonpiste und fliegen mit heftigem Rückenwind dem Südatlantik zu. Und weil wir mehr segeln als rollen und es eh keine Möglichkeit zum windgeschützten Zelten gibt, steigen wir erst in Rio Grande, nun wieder Argentinien, nach 141 km vom Rad.
Seit einiger Zeit haben wir uns zu routinierten Hausbesetzern gemausert. Zuverlässig erschnüffelt unsere elektronische Nase iOverlander immer wieder Hausruinen, ehemalige Hotels, alte Schuppen und Bus-Wartehäuschen wo sich das Zelt hineinstellen lässt (wenn uns Zigeuner da gewisse Leute sehen würden . . .). Treffen wir tagsüber selten Radfahrer, sammelt sich spätestens abends die Velogilde aus aller Herren Länder an solchen Übernachtungsplätzen zum gemeinsamen Campen, Plaudern und Frieren. Wir geniessen das Zusammensein mit jungen Leuten. Die meisten könnten unsere Kinder sein.
Ushuaia, wir sind am (vorläufigen) Ziel!
Erst waren es noch einige hundert Kilometer bis ans Ende der südlichen Welt, und dann sind wir, schneller als gedacht, am Ziel. Donnerstag, 26. April 2018, wir erreichen bei eisigen Temperaturen und leichtem Schneetreiben Ushuaia, sind froh, endlich dem gefährlichen Lastwagenverkehr der letzten Tage entkommen zu sein. 15 Monate gestrampelt, geschoben, geschwitzt, gefroren, genossen und zwischendurch geflucht, und dann ist da nichts mehr . . . irgendwie ein komisches Gefühl.
Für einen Rückblick ist es zu früh, das Erlebte muss sich erst mal setzen. Aber wir schmieden bereits Pläne für nächste Abendteuer.
Südamerika, Cartagena des indias, Kolumbien, nach Ushuaia, Argentinien
28. Januar 2017 – 26. April 2018
14'077 Fahrradkilometer gestrampelt
150'477 Höhenmeter geklettert
Ab 28.3.2018
Wind, Hunde, Bankräuber und andere spezielle Vögel
El Chaltén liegt hinter uns. Der Blick in den Rückspiegel lässt uns immer wieder abrupt anhalten und staunen; majestätisch und wunderschön grüsst die Fitz Roy Gruppe im warmen Morgenlicht während sich der Cerro Torre bedeckt hält. Grandios!
Wir lassen die schneebedeckten Berge hinter uns. Die baum- und buschlose weite goldgelbe Grassteppe ist nicht gerade unser Ding zum Fahrradfahren, aber immerhin pedalen wir auf einer top ausgebauten Strasse, ja lassen uns vom heftigen Rückenwind nach Süden pusten, dass es eine Freude ist. Vor uns taucht ein Radfahrer auf. So viel „Puff“ auf einem Velo haben wir doch schon mal gesehen? Tatsächlich, es ist Jo, der smarte Japaner, den wir anfangs Mai letzten Jahres(!) bereits in Ecuador überholt haben, nur dass er offenbar noch mehr Krempel auf seinen Drahtesel gepackt hat. Er gibt sich wortkarg; wir sind nicht sicher, ob er sich an unser Zusammentreffen erinnert. Ein spezieller Vogel aus Nippon.
Buchstäblich ein Schlag ins Gesicht ist der Richtungswechsel beim Einbiegen auf die altbekannte Ruta 40. Der böige Wind bläst uns immer wieder in die Strassenmitte, bald brennen die Oberschenkel; wir schaffen weniger als die Hälfte der vorigen Kilometer in der gleichen Zeit. Bei der Loge Parador Leona am gleichnamigen Fluss besetzen wir den kleinen, windgeschützten Zeltplatz, einzig den Pferden wird es stinken, weil sie nicht weiter am spärlichen Grün zupfen können. 1905 sollen sich hier die berüchtigten nordamerikanischen Viehdiebe und Bankräuber Butch Cassidy, Sundance Kid und seine Frau Ethel Place auf ihrer Flucht nach Bolivien einige Tage erholt haben. Wir sind keine Gangster, bloss normale Fahrradfahrer, bleiben darum auch nur eine Nacht.
Die Landschaft bleibt karg und unspektakulär, wenigstens lässt uns der Wind weitgehend in Ruhe. Der in verschiedensten Blau leuchtende Lago Argentino ist fast dreimal so gross wie der Bodensee. 75 km westlich ragt der berühmte Gletscher Perito Moreno in den See, den wir von El Calafate aus besuchen wollen. Nach einem ruhigen Wildcamp am Rio Santa Cruz bläst uns heftiger Westwind frontal ins Gesicht; die dreissig Kilometer bis El Calafate sind Schwerarbeit. Da läuft es Java und Vyacheslav aus Bulgarien und Julia und Pedro aus Spanien viel, viel leichter, die uns entgegenkommen. Die Bulgaren sind seit mehr als drei Jahren offenbar mit bescheidenstem Budget unterwegs. Eine interessante Plauderstunde unter Gleichgesinnten später verabschieden wir uns herzlich. Gute Reise, ihr vier!
Heute nerven viele Autofahrer gewaltig, fahren viel zu schnell und zu nah an uns vorbei. Bereits zum vierten Mal fragt ein Autofahrer Pit, den Touri, nach dem Weg, diesmal, wo der Flughafen zu finden ist (dem Typ nach ein Südamerikaner). He, Leute, nicht so faul, ihr habt alle so ein kleines elektronisches Teil in der Tasche, mit dem man nicht nur sich selber fotografieren kann; auf dem Smartphone gibt es tatsächlich eine Strassenkarte zum freien Gebrauch!
Die vier Ausspanntage tun gut. Wir geniessen das schöne, warme Hostel und die gut eingerichtete Küche, Bea schwingt mal wieder den Kochlöffel (fantastisch gut, was sie zaubert) – natürlich gehört vollmundiger roter Argentinier dazu – und der Tagesausflug zum Perito Moreno-Gletscher ist hammermässig! Velofahren ist das eine, geniessen und die Füsse ausstrecken das andere. Wir sind reich, weil wir jede Menge Zeit haben und uns treiben lassen dürfen. Nicht wenige Fahrradreisende haben das Bedürfnis, irgendwelche persönlichen Rekorde aufzustellen. Schneller, höher, länger, steiler, einsamer, was auch immer. Für uns ist und bleibt das Velo der Inbegriff des langsam Reisens.
Unsere gefahrene Strecke versuchen wir so oft als möglich zu aktualisieren. Sie ist zu finden unter der Rubrik „Bereiste Länder und gefahrene Routen 2012-2018“.
280 Kilometer sind es bis nach Puerto Natales, unserem nächsten Zwischenziel. Wir bunkern Lebensmittel und Benzin (nein, natürlich nicht für den „Fahrradmotor“ sondern für den Kocher). Drei bis vier Tage wird es keine Möglichkeit zum Einkaufen geben.
Wie überall in Südamerika bevölkern Strassenhunde El Calafate. Ein Riesentheater gibt es jeweils, wenn ein Pick-up mit Hunden auf der Ladefläche durch den Ort fährt. Aus allen Richtungen rennen dann die Strassenköter laut bellend dem Auto nach, blockieren ganze Kreuzungen. Ein Streuner hat wohl davon genug, adoptiert uns, als wir El Calafate verlassen. Der Hund, nennen wir ihn Pick-up, weil er mit grossem Eifer diesen Autos nachjagt und dabei mit seinem Leben spielt, lässt sich nicht abschütteln. Erst nach 30 km bleibt er zurück, weil wir mit Rückenwind abwärts jagen.
Wir finden am Rio Bote einen windgeschützten Zeltplatz, sitzen in der Sonne und diskutieren, was wir kochen wollen, da taucht Pick-up tatsächlich mit hängender Zunge auf und säuft den halben Bach leer. Unmenschen sind wir nicht. Er bekommt den Rest des Abendessens, dafür bewacht er uns die ganze Nacht und bellt nur zweimal. Pick-up hat uns nun definitiv ins Hundeherz geschlossen, wie wir am anderen Morgen aus der stürmischen Begrüssung schliessen.
Heute geht es erst mal 20 km aufwärts. Zum Glück gibt es kaum Wind und noch weniger Verkehr, dafür sehen wir hunderte Guanakos. Diese schönen Tiere aus der Familie der Kamele machen sich mit anmutigem Galopp aus dem Staub, sobald sie uns und vor allem den Hund sehen, der ihnen dann und wann nachjagt. Echt lästig. Nachdem wir das Plateau erreicht haben, ändert sich unsere Fahrtrichtung und die Strasse geht in lange Abwärtsstrecken über. Endlich gelingt es uns den Hund abzuhängen. Schier unglaubliche 80 Kilometer hat uns Pick-up nicht aus den Augen verloren. Jetzt haben auch die vielen Nandus, die neben der Strasse nach Futter suchen, endlich Ruhe. Schön, Wildtiere zu sehen, Südamerika hat uns diesbezüglich bisher nicht verwöhnt.
Bei El Cerrito biegen wir auf die ungeteerte Ruta provincial 7 ab. Das Land ist hier topfeben. Dürres, niedriges Buschwerk und zähes Pampagras über Kilometer, sonst gibt es nichts. Die erste Hälfte der Strecke ist bei wenig Wind gut zu fahren. Wie unsere Freunde vor einem Jahr versuchen wir unser Glück bei der Estancia El Manantial, einem einsamen Gehöft, und fragen, ob wir hier windgeschützt übernachten dürfen. Der zufällig anwesende Patron bietet uns einen Schuppen an, was wir noch so gerne annehmen. In der Nacht stürmt es heftig. Wieder mal Glück gehabt. Juan, der 18-jährige Gaucho, wacht hier einsam über 10'000 Schafe und ist froh, für kurze Zeit Gesellschaft zu haben. Er ist Vater eines zweimonatigen Sohnes und vermisst seine Familie. Wir geniessen seine feinen in Öl gebackenen Krapfen am wärmenden Kohleofen. Muchos gracias, Juan!
Jetzt wird die Strasse – eher ein Bachbett - richtig übel. Die Holperei im Schritttempo über grosse Steine und durch tiefen Kies, ständig bemüht, die Balance nicht zu verlieren und wegzurutschen, fordert körperlich und mental – welch kleiner Teufel hat uns geritten, hier zu fahren? Warum haben wir nicht den Umweg über Esperanza (mit asphaltierter Strasse) gewählt? Heute begegnen uns nur vier Autos. Wir kommen dem Ende der Welt näher. Sei's drum, es ist gerade die Abgeschiedenheit, die Nähe zur Natur, die Langsamkeit, die befreiende Stille, die uns immer wieder faszinieren und motivieren. Über unseren Köpfen kreisen drei Andenkondore, kommen nah, beobachten uns. Arme, Beine und Nacken schmerzen, wir spüren uns – wir leben!
Bei der Einfahrt zur R40 ist es Zeit für ein verspätetes Mittagessen. Die kleine Tankstelle eignet sich dafür bestens. Da kommen zwei Radfahrer aus Richtung Esperanza – Esther und Pieter, unsere „alten“ Bekannten! Nach kurzem Schwatz brechen wir auf. Schaffen wir es heute noch vor dem Eindunkeln bis ins 55 km entfernte Villa Cerro Castillo, wo ein warmes Zimmer wartet? Der Wind nimmt zu, mühsam, das Treten. Gemäss iOverlander gibt es in der Nähe nur eine Chance, windgeschützt zu übernachten, nämlich in einem geschlossenen Hotel. Wir finden die Ruine, im ehemaligen Schankraum haben sich bereits ein Slowene und ein Spanier mit ihren Zelten eingerichtet. Wenig später tauchen Esther und Pieter auf und beziehen ein Nachbarzimmer, die Honeymoon-Suite, wie sie meinen. Einmal mehr nerven uns Radfahrer, die ihren Abfall inklusive alte Reifen liegen lassen. Sie meinen wohl, wenn eh schon viel Gerümpel herumliegt (Scherben, zerbrochene Flaschen, verbranntes Holz, Fäkalien usw.), komme es auf ihren Dreck nicht mehr an. Wir nachfolgenden Hotelgäste danken, dass wir erst mal die Zimmer ausfegen dürfen! Die Nacht wird beissend kalt, der Wind zerrt heftig am Wellblech, mit dem das Fenster vernagelt wurde. Wir schlafen nach dem anstrengenden Tag wie Murmeltiere.
Der Grenzübertritt nach Chile gestaltet sich kurz und schmerzlos. Wir zeigen auf unsere Bäuche, als man nach Lebensmitteln fragt, deren Einfuhr verboten ist – alles gegessen. Nach einer teuren Nacht im einzigen Hotel in Villa Cerro Castillo erreichen wir nachmittags den Hafenort Puerto Natales. Nur am Morgen gab's heftigen, kalten Wind und ein paar Schneeflocken. Wieder mal Glück gehabt.
Liebe Helen, lieber Beat, wir haben eure grosse Überraschung in der Pizzeria Mesita Grande in Puerto Natales sehr genossen! Vielen herzlichen Dank; es war ein grosser Aufsteller!
Ab 24.11. 2017
Wieder mal über die Andenkette
Wir wählen die Strecke über den Paso Uspallata zurück nach Chile. Es gibt sicher attraktivere Andenquerungen mit weniger Verkehr als diese vielbefahrene, historische Strasse, vorbei am höchsten Berg Südamerikas, ja der ganzen Erdsüdhalbkugel, dem Aconcagua, 6962 m. Wie der Schlauch in Pit's Velohinterrad, der täglich etwas Luft verliert, ist bei uns die Luft langsam draussen. Zehn Monate ohne nennenswerte längere Pausen im Sattel, gefahrene 9700 km und über 104'000 Höhenmeter in den Beinen haben viel Kraft gefordert; wir freuen uns sehr auf eineinhalb Monate fahrradfreie Ferienzeit.
Nach einer ruhigen Nacht in einer alten Hausruine abseits des Verkehrs schiebt uns sanfter Rückenwind Richtung Pass. In ständigem Auf und Ab begleitet die breite Strasse den schmutzig rot schäumenden Rio Mendoza, ab und zu rollen wir über alte Schienen der Transandinobahn. Die 248 km lange Bahnstrecke nach Chile ist 1979 definitiv stillgelegt worden. Sie war einstmals Teil der ersten Bahnverbindung zwischen dem Atlantik und dem Pazifik auf dem Kontinent. Mit ihren vielen Tunnels, Brücken, Galerien und ihrer oft exponierten Trasse muss die Strecke spektakulär gewesen sein (interessante Infos unter https://de.wikipedia.org/wiki/Transandenbahn).
Irgendwann taucht am Horizont die majestätische Schnee- und Eispyramide des Anconcagua auf. Wunderschön! Am knapp 7000 m hohen attraktiven Riesen versuchen sich jährlich viele Bergsteiger aus der ganzen Welt.
Unsere Gedanken schweifen ab. Minustemperaturen, Schnee, gefrorene Gewässer, Skifahren . . . der Winter hat Europa zur Zeit fest im Griff während hier auf der Südhalbkugel der heisse Sommer beginnt. Seit fünf Jahren sind wir dem Winter aus dem Weg gefahren. Doch, gerade jetzt vermissen wir die vierte Jahreszeit.
Leider liegt noch zu viel Schnee auf der alten, unasphaltierten Strasse über den Pass, also weiter zum Tunnel. Wir verladen die Räder in einen Pickup des Werkhofs und lassen uns sicher durch das 3,5 km lange Loch fahren, gratis. Nach einer guten halben Stunde Zollformalitäten – nach Chile dürfen weder Früchte, Nüsse, Gemüse noch Fleisch eingeführt werden, was akribisch kontrolliert wird – strampeln wir bei starkem, böigen Gegenwind hinter Portillo die engen 28 (nummerierten) Kurven der sich nach unten verjüngenden Tremola talwärts, den einen oder anderen schwer beladenen Truck überholend, der sich im Schritttempo talwärts quält. Genial! Dank dem bremsenden Wind sind heiss gelaufene Bremsen bei uns diesmal kein Thema.
Viele Wege führen nach Rom aber keiner für Velos nach Santiago
Ratlos stehen wir an der Auffahrt zur vierspurigen Autopista 57, „Las Libertadores“. Fahrrad fahren verboten. Das Schild ist unmissverständlich und für uns korrekte Schweizer Gesetz. Zurück. Die Autopista 5 etwas westlich und die an der Küste verlaufende Pazifik-Schnellstrasse sind keine Alternativen. Fahrrad fahren verboten. Was nun, Herr Kuhn? Dazwischen gibt es keine anderen Strassen, allenfalls einen komplizierten Umweg von einem Tag in weitem Bogen durch die Berge, auf den wir momentan absolut keine Lust haben.
Pit hat vergessen, die Chilekarte auf sein Navi zu laden - die Grossstadt Santiago ist nur ein weisser Fleck - und zu allem Übel hat sich der Laptop in Mendoza wegen Softwareproblemen (vermutlich verursacht durch einen Unterbruch der miesen Internetleitung während eines Updates) abgemeldet. Bestens passt, dass das Smartphone von Bea gerade heute kaum mehr Saft hat. Super!
Erst mal ein Bier trinken. Wirt Pedro, der gut Englisch spricht, rät uns das Schild zu ignorieren und auf der Autobahn zu fahren, hier in Südamerika beachte kaum jemand solche Verbote, andere Radfahrer seien schon da gefahren und die Autofahrer würden aufpassen. Beim langen Tunnel dann unbedingt den Taxiservice des Autobahnwerkhofs in Anspruch nehmen, da mit dem Velo fahren sei definitiv zu gefährlich.
Bis zum langen Loch durch den Berg hat die Schnellstrasse keinen Seitenstreifen. Sieben Kilometer lang mühen wir uns am Berg ab, schieben den grössten Teil, gehen den grossen Brummis aus dem Weg. Besser nichts riskieren. Nach dem Tunnel gibt es wenigstens wieder einen Pannenstreifen. 40 Kilometer öde Schnellstrasse, dann endlich können wir sie links liegen lassen. Ein echt beschissener Tag, zum Vergessen!
Es ist tatsächlich so, wie vermutet. Im kleinen Städtchen – bis Santiago sind es noch 40 km – gibt es keine Hospedaje, keine Hotels, keinen Zeltplatz. Einzig MAPS.ME listet einen Zimmervermieter auf. Überall hohe Zäune, Stacheldraht bewehrte Gittertore, dahinter geifernde Hunde, misstrauische Blicke der Bewohner. In dieses einfache Wohnquartier verirren sich wohl kaum je fremde Radfahrer und eine Unterkunft würde man hier schon gar nicht suchen. Wir schon. Niemand kennt die „Casa de Dani“. Dann endlich ein einfacher, niedriger Bau mit der richtigen Hausnummer. Nach mehrmaligem Rufen erscheint ein Mann, wie es aussieht, direkt aus dem Bett. Nach erneutem Warten bittet uns ein junger Typ in den Garten. Zimmer zu vermieten ?, äh, von dem wisse er nichts. Wir halten ihm das Smartphone unter die Nase. Ja, ja, die Adresse stimmt, aber Zimmer hätten sie noch nie vermietet (!?). Puhh, wohin noch so spät? Wild zelten ist in diesem dicht besiedelten Gebiet nicht ratsam.
Dürfen wir vielleicht auf dem kleinen, gedeckten Autoabstellplatz unser Wigwam aufstellen? Wenn euch das reicht, dann ist das OK, ihr könnt die Toilette im Haus benützen. Und ob, kein Problem! Wir sind einfach nur froh, an einem sicheren Ort unterzukommen, lachen bei Matetee, Bier und Wein viel an diesem Abend mit Dani(!) und seinem Onkel Ynnesente. Der Abschied am anderen Morgen ist typisch chilenisch herzlich. Muchos grazias, amigos!
Ein zum Glück nicht typischer Velofahrtag, der einmal mehr beweist, dass man stets hoffen darf, ja weiss, dass irgendwo eine „Türe“ aufgeht, sich ein besch . . . Tag zum Vergessen letztendlich bis am Abend zu einem unvergesslichen Tag im positiven Sinne wandeln kann. Wiederholt haben wir in den letzten Jahren solcheTage erlebt. Es gibt überall auf der Welt hilfsbereite, herzliche Menschen. Eine wunderschöne Erfahrung, die wir stets neu machen dürfen. Begegnungen sind ohne Frage das Salz in unserer Reisesuppe!
In Santiago de Chile, der 10 Millionen-Hauptstadt nahe am Pazifik, stellen wir unsere Drahtesel erst mal in die Ecke, lassen die Seele baumeln und geniessen vor allem das Zusammensein mit unseren Lieben, auf das wir uns alle sehr freuen. Gegen Mitte Januar werden die Velos erneut gesattelt, dann geht es weiter, Patagonien zu.
Ab 9.11. 2017
Trockenes Buschland, lange Geraden und unendlicher Sternenhimmel
Weiter auf der berühmten Ruta 40. Sicher, es gibt interessantere Strecken zum Velofahren als über dutzende Kilometer unter sengender Sonne und mit – zum Glück - wenig Gegenwind kämpfend das Gefühl zu haben, der Horizont komme keine Pedalumdrehung näher, so sehr man sich auch abmühe. Dörfer gibt es hier keine mehr. Sand, Geröll und trockenes Buschland dominieren, nur dann und wann lassen saftiges Grün und Laubbäume in Senken vermuten, dass es doch Wasser gibt.
Wie mit dem Lineal gezogen verschwindet die Strasse nach vielen Auf und Ab im Nichts, ab und zu ein Auto, selten ein LKW; Radfahrer treffen wir keine.
Wie apokalyptisch es hier zugehen muss, wenn es in den Bergen heftig regnet, lassen die zahlreichen Geröllfelder, tief ausgewaschenen Bachläufe und aufgeschütteten Dämme ahnen. Um nicht die ganze Strasse von Schutt freiräumen zu müssen, wurde die Fahrbahn in einem ständigen Auf und Ab angelegt; gemäss Beschilderung haben die Strassenbauer mehr als 180 (!) Senken auf 140 km eingebaut, in denen das Wasser abfliessen kann (wir machen Höhenmeter ohne wirklich einen Berg zu erklimmen). Sehen wir die trockene, fast ebene Landschaft jetzt, können wir uns solche Wassermassen nicht vorstellen. Wir wissen aber, dass die Ruta 40 zu Regenzeiten über Tage gesperrt sein kann.
Der Kopf wird langsam frei. Das Velofahren auf unasphaltierten Strassen in Peru und Bolivien forderte uns nicht nur physisch; ohne volle Konzentration liegt man schneller auf der Nase als man reagieren kann.
Bei Kilometer 3496 entern wir den einzigen Baum im Umkreis und schlagen unser Zelt darunter auf. Aber aufgepasst, hier in der Prärie hat nahezu alles, was grün ist, Stacheln; einige Bäume haben es besonders fies auf Veloreifen abgesehen. Andy, ein Radfahrer aus Neuseeland, musste in Villa Union gleich fünf (!) Patschen am Hinterrad flicken!
Bis in die Nacht nur im Shirt unter einem unglaublich schönen Sternenhimmel sitzen und einen fruchtigen Malbec geniessen – um nichts in der Welt möchten wir jetzt irgendwo anders sein. Sogar die lästigen kleinen Fliegen haben sich schlafen gelegt. Wir geniessen die Ruhe nach einem heissen Radlertag, sind einfach zufrieden. Unzählige Sternschnuppen fallen diese Nacht zu uns herunter, wir könnten dem himmlischen Schauspiel stundenlang zusehen; nein, Wünsche haben wir an diesem warmen Abend keine mehr.
65 heisse Kilometer sind geschafft. Weder heute noch während den vergangenen Tagen haben uns Autofahrer Trinkwasser angeboten, was uns im Nachhinein wundert. Alle winken und hupen, zu mehr reicht es nicht. Mit dem Auto sind 90 oder 100 km ein Klacks. Wir nagen mehr als einen Tag an solchen Distanzen ohne eine Möglichkeit, unterwegs zu Wasser zu kommen. In Australien war das anders. Wie sehr haben wir die grosse Hilfsbereitschaft vor zwei Jahren genossen.
Wenn wir Glück haben, gibt es das Restaurant an der Abzweigung zur 436 noch. Unser Wasservorrat ist bis auf eine kleine Pfütze getrunken. Die Aussicht auf ein kaltes Bier nach weiteren 40 Kilometern – der erste Schluck wird garantiert sofort verdunsten – mobilisiert nochmals alle Kräfte. Tatsächlich, die Beiz ist trotz Siesta geöffnet (zwei Liter Bier zu trinken kostet heute keine Überwindung) und welch Wunder, es gibt sogar frische, herrlich schmeckende Empanadas!! Wir stellen unser Zelt bei den Ruinen des ehemaligen Bahnhofs auf und runden den Tag nach dem Eindunkeln mit einer Flasche Bett-schwerem Bonarda ab (soll gemäss Interneteintrag der „gesündeste“ Wein sein). So schnell kann sich das Blatt wenden!
Nach einer sicheren Nacht neben der Polizeistation in Jocoli (merke: „neben“ nicht „auf der Polizeistation“!) sind wir froh, heil in Mendoza anzukommen. Die grossen Brummer seit San Juan haben Nerven gekostet, so viel Verkehr hatten wir letztmals in Kolumbien. Definitiv nichts mehr für uns!
Mit gut einer Million Einwohnern inklusive Agglo ist Mendoza die viertgrösste Stadt Argentiniens und unbestrittenes Zentrum des Weinbaus. „Es peligroso, no andes en bicicleta aquí!”, wie gestern in San Juan werden wir heute schon zum dritten Mal gewarnt, hier in den Aussenquartieren Fahrrad zu fahren. Der junge Autofahrer gibt uns seine Telefonnummer und meint mit ernstem Gesicht, Überfälle seien hier häufig, auch tagsüber. Sind wir zu vertrauensselig oder übertreiben die Warner? Keine Ahnung. Vielleicht besser die grösseren Strassen nehmen und wachsam sein, man weiss ja nie. Einmal mehr amüsant, die landestypischen Gegensätze zu erleben: einerseits ist Argentinien ein stark katholisch geprägtes Land (77% Katholiken), in dem die Gläubigen dutzende Heilige an den Strassen verehren und sich vor jeder Kirche bekreuzigen, andererseits muss man offenbar befürchten, ganz unchristlich eins über die Rübe zu bekommen und ausgeraubt zu werden. Bienvenido a Sudamérica!
Ab 19.10. 2017
Unter Strassenräubern
So kommen wir uns hier in Argentinien an den Geldautomaten vor, wenn sie denn funktionieren. Maximal 2'000 Pesos spuckt der Kasten pro Bezug aus (magere 114 Franken), dafür bezahlt man horrende 6 Franken Gebühren!! 2'000 Pesos Tageslimite am Wochenende, unter der Woche gibt es pro Konto immerhin 4'000 Pesos (unsere Erfahrung). Aber eben, nur wenn die Automaten Geld im Bauch haben, was von Freitagmittag bis Sonntagmorgen häufig nicht der Fall ist.
Karte rein, Karte raus, neue Bankkarte rein, wieder geht nichts, auch die Postcart verweigert den Dienst – weder gutes Zureden noch Fluchen nützt (den Automaten kräftig zu treten wagen wir dann doch nicht, der Sicherheitsmann an der Türe beäugt uns schon argwöhnisch).
Haben uns die Banken wegen der vielen Versuche am Bankomaten die Karten gesperrt? Einen anderen Grund können wir verwöhnten Schweizer uns, die wir aus einem Land kommen, in dem alles (fast) immer funktioniert, nicht vorstellen.
Dass freitags zehn, zwanzig Personen in aller Seelenruhe am cajero automático anstehen, ist keine Seltenheit. In Salta kennen wir (fast) alle Geldautomaten, aber leider kaum die Stadt.
So ein dämlich-nerviges Affentheater gab es für uns in keinem der bisher bereisten 46 Länder, nicht mal in Drittweltstaaten. Warum behindern der argentinische Staat und die Banken das Geldausgeben der Touristen? Dümmer geht's nimmer! Argentinien ist schön – ganz besonders dann, wenn der Kasten doch noch Geld ausspuckt!
Wer US-Dollars wechseln kann, bekommt oft einen bis zu 10% besseren Kurs ausbezahlt, als offiziell angegeben! Hotels gewähren Rabatte, wenn bar bezahlt wird. Kreditkarten werden höchst ungern oder gar nicht akzeptiert (unsere Erfahrung).
Auf der „Weinstrasse“ Ruta National 68
Zu dritt pedalen wir nach Ruhetagen auf der RN68 Richtung Süden, dem 200 km entfernten Weinbauzentrum Cafayate zu. Olivier aus Vevey, der sein Velo erstmals für eine längere Tour gesattelt hat, hat sich uns angeschlossen. Das alleine Fahren ist nicht so sein Ding und wir sind über die Abwechslung nicht unglücklich.
Das flache Land ist fruchtbar. Gemüsefleder links und rechts der Strasse, grosse Rinderherden, Pferde, irgendwie so haben wir uns Argentinien vorgestellt.
In Coronel Moldes, am Reservoir Cobra Corral, einem malerisch gelegenen Stausee etwas abseits der Route, dürfen wir unsere Zelte beim Club Nautico aufstellen. Gewöhnen müssen wir uns daran, dass die Läden von 13 bis gegen 18 Uhr geschlossen bleiben. Dann halten die Argentinier ihre geliebte Siesta. Ein kleiner Laden mit magerem Angebot hat zum Glück geöffnet; irgendetwas lässt sich mit dem Gekauften sicher zubereiten.
Dank ihrem Improvisationstalent verwöhnt uns Bea mit Teigwaren an Cornet Beef-Tomatensauce, Tomatensalat und natürlich darf ein vollmundiger Malbec im Becher nicht fehlen. Wir hauen rein. In der nächsten Zeit wollen wir kräftig zulangen, das haben wir uns geschworen.
Es wird bergiger, wir fahren in der Quebrada de las Conchas (Schlucht der Muscheln). Unter uns verliert sich das wenige Wasser des Rio de la Conchas im breiten Flussbett, um uns strahlen umwerfend schön Felsen, Nagelfluh- und Sandsteinwände in den verschiedensten Farbtönen, von den Formen, die die Erosion geschaffen hat, ganz zu schweigen. Die ältesten Felsen im wilden Tal sollen über 200 Millionen Jahre alt sein.
Wegen solcher Leckerbissen lohnt sich das Velofahren durch die Sierra!
Erst kurz vor Cafayate wird die RN 68 doch noch zur Weinstrasse. Reben, Reben, Reben. Malbec, Cabernet Sauvignon, Merlot, Tannat, das sind nur ein paar Traubensorten, die hier gekeltert werden. Als Weinliebhaber geniessen wir die eine oder andere Flasche mit gutem Essen. Das grosse Angebot probieren schaffen wir nicht, haben es beim Degustieren aber zumindest versucht . . .
Unsere gefahrene Strecke versuchen wir so oft als möglich zu aktualisieren. Sie ist zu finden unter der Rubrik „Bereiste Länder und gefahrene Routen 2012-2018“.
Das grosse „Fressen“ ist vorbei, wir backen wieder kleinere Brötchen, ganz der kargen, trockenen, mit Buschwerk und grossen Kakteen bestandenen Landschaft angepasst. Manchmal scheinen die Geraden kein Ende zu nehmen, nur vereinzelt taucht ein Auto am hitzeflimmernden Horizont auf. Dafür sehen wir Pampashasen (Grosse Mara), Wüstenfüchse, Schwärme lärmender Papageien, Greifvögel und kleine Käutze. Bis gegen Mittag lässt uns der Wind in Ruhe oder schiebt uns zumindest sanft vor sich her, darum versuchen wir in der ersten Tageshälfte so viele Kilometer wie möglich abzuspulen, bevor er uns nachmittags kräftig ins Gesicht bläst.
In Pituil gibt es keinen komunalen Zeltplatz. Wir dürfen neben dem Fussballplatz mitten im Dorf auf einer grossen Freiluftbühne, vom heftigen Wind geschützt, unser Zelt aufbauen. Einer der friedlichen streunenden Hunde hat uns Schwanz wedelnd bald ins Herz geschlossen (vielleicht waren es die verführerisch duftenden Kochtöpfe), er weicht die ganze Nacht nicht von unserem Zelt, vertreibt bellend jeden Konkurrenten. Und da es mindestens ein Dutzend davon gibt, fällt unsere Nachtruhe entsprechend aus. Noch nie ist Pit am Morgen so stürmisch begrüsst worden. Ja die Hunde . . . hier in Argentinien haben wir sie bisher als friedlich und anhänglich erlebt.
Von Chilecito sind es noch 650 Kilometer bis Mendoza. Erst mal drei Tage Pause und Wäsche waschen. Von Chilecito aus führte übrigens zu Beginn des 20. Jahrhunderts (ab 1904) die von einer deutschen Seilbahnfirma gebaute Materialseilbahn Chilecito - La Mejicana, die mit einer Länge von 35 km lange Zeit die längste Seilbahn der Welt war und auch die Seilbahn mit der am höchsten gelegenen Bergstation auf 4'600 m ü.M. Die Transportseilbahn wurde bereits 1926 stillgelegt.
Argentinien, unser 47. Veloreiseland
Wunderschöne Ruta National 51
Argentinien. Mitten in der Wüste erreichen wir die Grenze, fahren im Nationalpark Parque Provincial Los Andes auf der Ruta National 51. Erst elf Kilometer weiter dann der Grenzposten. Wir wissen von Bekannten und aus dem Internet, dass man hier kostenlos übernachten darf. Bekommen wir ein Bett? Selbstverständlich, kein Problem! Die freundlichen Grenzer geben uns ein Zimmer, wir dürfen die Küche benützen. Heute sind wir die einzigen Gäste, Platz hätte es für 25. Leider tragen nicht alle Bewohner gleich Sorge zur Einrichtung. Der Kochherd ist kaputt, die Duschen funktionieren nicht. Egal, wir haben ein Dach über dem Kopf und ein Bett.
Unsere Essensvorräte sind arg geschrumpft. Die letzten zwei Karotten und die übrig gebliebene Tomate sind Schätze geworden. Die halbe Tafel Schokolade sparen wir für morgen auf. Wie kaum vorher wird uns bewusst, wie wertvoll Lebensmittel sind, wie verwöhnt wir doch in Europa sind, wo alles fast immer und überall verfügbar ist. In den letzten Monaten ist die einseitige, gemüse- und salatlose Ernährung zum nervigen Problem für uns geworden. Kein Wunder fahren wir zur Zeit als dünne Striche durch die Landschaft. Hoffentlich wird das Lebensmittelangebot in Argentinien und Chile reichhaltiger, sonst fehlt irgendwann die Kraft zum Weiterfahren.
Abbau von Borax in Argentinien
Borax, auch als Natriumborat bekannt, ist ein in der Natur selten vorkommendes Mineral. Borax kommt in der Natur in kristalliner oder massiver Form ähnlich wie Gips vor, entsteht also bei der Austrocknung von Salzseen und tritt dann als Sediment auf. Daneben findet man es auch in vulkanischen Schloten.
Wasserfreier Borax wird als Zusatz für leichtschmelzende Glasuren auf niedrig gebrannter Keramik (z. B. Steingut), zur Herstellung von Borosilikatglas und bei der Emailproduktion verwendet. Seine Verwendung als Flussmittel beim Hartlöten von Metallen sowie beim Feuerschweißen beruht auf seiner oxidlösenden Wirkung.
Borax ist gelegentlich Bestandteil von Düngemitteln und wird als Zuschlagsstoff von Zement und Isolierstoffen eingesetzt. Des weiteren wirkt Borax als vorbeugendes Holzschutzmittel gegen Schimmel.
Im Haushalt und Wäschereien findet Borax Anwendung in Seife, Wasserenthärtern und Waschmitteln. Borax wird auch in Desinfektions-, Putz- und Bleichmitteln, Kosmetikprodukten sowie als Insektizid verwendet.
Olacapato Grande, ein Minencamp. Mitten im Dorf dröhnt ein grosses Dieselaggregat, das Strom für das Dorf produziert. Zwei kleine Läden, ein Restaurant mit Hostal, einfache Lehmhäuser, eine Schule, dahinter die Kirche. Alle Zimmer sind ausgebucht, auch der smarte Polizist kann uns nicht weiter helfen. Ein junger Typ bietet uns an, bei ihm privat zu übernachten, er sei ebenfalls Radfahrer und wohne vorübergehend im Camp. Gerne schlüpfen wir bei Diego unter, richten uns in seinem einfachen Lehmhaus ein. Toilette gibt's im Schulhaus. Diego hilft uns auch, etwas argentinische Pesos bei einem Einheimischen zu wechseln, ohne die geht hier nämlich gar nichts. Muchas gracias, Diego, und viel Erfolg mit deinem landwirtschaftlichen Projekt!
Unsere gefahrene Strecke versuchen wir so oft als möglich zu aktualisieren. Sie ist zu finden unter der Rubrik „Bereiste Länder und gefahrene Routen 2012-2017“.
Rosa, muchas gracias, dass wir bei dir und deiner Familie zu Gast sein durften!
San Antonio de los Cobres, eine kleine Bergbaustadt, die zunehmend vom Tourismus profitiert, liegt hinter uns. Die Landschaft verändert sich, wird mehr und mehr grün. Der Wind bläst uns buchstäblich über den Abra Blanca, den letzten Pass auf dem Weg nach Salta. Bäume! Blumen! Kleine Bäche! Weidende Pferde und Kühe! Es wird deutlich wärmer. Wir freuen uns wie Kinder über all das seit langem Vermisste, je tiefer wir entlang dem Rio Rosario rollen. Ab und zu kreuzt die Bahnlinie des bekannten Tren a las Nubes, „Zug in die Wolken“, die Strasse. Der beliebte Touristenzug fährt von Salta durch zahlreiche Tunnels und über viele Brücken und Viadukte auf 4220 m ü.M. bis nach San Antonio de los Cobres, 3775 m ü.M.
Wunderschön und beeindruckend die vielen meterhohen, zum Teil sehr alten Kakteen an den Berghängen, die meisten davon stehen in voller Blüte. Überhaupt ist das Tal eine Wucht. Einmal mehr staunen wir über die vielen Farbnuancen der Felsen. Für Geologen muss die Region ein Eldorado sein. Hat uns der Wind am Morgen kräftig geschoben, dreht er innerhalb von Minuten, will uns nicht nach Salta fahren lassen. Irgendwann geben wir auf, suchen im Weiler Gobernador Mauel Sola eine Möglichkeit zum Übernachten. Rosa und ihre Tochter begrüssen uns mit Kaffee und warmen, duftenden Fladen aus der Pfanne; wir bekommen ein Zimmer und geniessen die Gastfreundschaft und die Wärme nach einem anstrengenden Tag in vollen Zügen. Bestaunt wird unser Benzinkocher, als wir das Nachtessen in der Küche zubereiten; die Pasta an Tomatensauce mit Parmesan schmeckt Rosa ganz besonders. Ja, es gibt viel zu lachen an diesem Abend. Mit einer herzlichen Umarmung und guten Wünschen werden wir am nächsten Morgen verabschiedet. Schöne Momente voller Wärme, die man nirgendwo buchen kann. Muchas gracias!
Jetzt freuen wir uns auf einige Tage ohne Fahrradfahren, auf gutes Essen, Wärme, weniger auf das Waschen der Kleider, Schlafsäcke und das Putzen der Velos. Salta, wir kommen!
Unsere gefahrene Strecke versuchen wir so oft als möglich zu aktualisieren. Sie ist zu finden unter der Rubrik „Bereiste Länder und gefahrene Routen 2012-2018“.