Mühsam
So können wir die vergangene Woche in Laos kurz und bündig umschreiben. Zu jedem Satz, zu jeder Aussage passt das Adjektiv. Mühsam war die Verpflegung unterwegs; es gibt schlicht fast nichts zu kaufen. Nicht mal in Savannakhet, immerhin mit 120'000 Einwohnern die zweitgrösste Stadt, finden wir einen Supermarkt. Nur die kleinen „Tante-Emma-Läden“ mit sehr beschränktem Angebot (im November war es im Norden nicht besser). Ladenketten wie „7Eleven“ in Thailand? Unbekannt. Gemüse und Früchte? Mit Glück irgendwo auf einem Markt in begrenzter Auswahl. Wirklich frisch ist das wenigste.
Mühsam der Kontakt mit vielen Erwachsenen (wollen sie nicht, oder können sie nicht?), lautstark und fröhlich dafür umso mehr der mit Kindern. Im Norden haben wir die Laoten freundlicher erlebt. Fragen wir nach einem Guesthouse/Hotel (vielmehr deuten mit Gesten), schauen uns die jungen Frauen an, als hätten wir gefragt, ob sie schwanger seien, wehren ab und sind – schwupp - verschwunden. Hilfsbereitschaft fühlt sich anders an. (Gemäss Wikipedia können nur zwei Drittel der Männer und ein Drittel der Frauen über 15 Jahren lesen und schreiben. Rund 40% der Laoten haben noch nie eine Schule besucht, in den nördlichen Provinzen sind es mehr als 60%. Zwei Drittel der laotischen Kinder brechen vorzeitig die Grundschule ab, um zum Lebensunterhalt der Familie etwas beitragen zu können.) Wer kann da im Ernst erwarten, dass jemand ein paar Wörter Englisch spricht?
Dafür gibt es jede Menge Reparaturwerkstätten (wenn man sie so nennen mag) für Mopeds und Autos. Denn was macht Mann auf der ganzen Welt am liebsten? An Motoren herum schrauben. Nur besetzte Hängematten gibt es noch mehr. Nie haben wir in einem Land tagsüber so viele (männliche) Abhänger angetroffen, wie in Laos. Für die Anzahl Feldarbeiter, die wir sehen, reichen zwei Hände völlig aus. Eklatant der Unterschied zu Thailand. Wie gepflegt und akkurat bearbeitet werden die Reisterrassen im Nachbarland. Von der Müllsauerei in den Dörfern ganz zu schweigen . . ., aber lassen wir das.
Mühsam die teilweise schlechte, langweilig zu fahrende Transit-Strasse (das wollen wir den Laoten nicht ankreiden, wir haben geahnt, was uns erwartet) und die bleierne Hitze ab Mittag (dafür können sie erst recht nichts), die an der Kondition nagt und uns wie nasse Lappen auf den Rädern hängen lässt. Auch in Laos stinkt die Luft, ist russgeschwängert, kratzt im Hals und brennt in den Augen. Begeisterung kommt beim besten Willen nicht auf.
An einer Strassenbaustelle reisst bei Bea die Kette. Vermutlich hat sich ein mit Teer verschmierter Stein zwischen Ritzel und Kette verklemmt. Der Schaden ist bald repariert; Pit hofft, dass das wichtige Teil hält.
Viel Mühsames hat sich kumuliert, letzte Woche. Trotzdem, Laos ist ein interessantes Land mit fröhlichen Menschen und vielen Strassen, die mit dem Velo zu entdecken sich lohnen. Wir möchten die Erfahrungen nicht missen. Vielleicht kommen wir irgendwann wieder.
Trotzdem, sieben Tage sind genug. Wir hauen die letzten Kip für zwei Bier auf den Putz und pedalen wenig später nach Lao Bao in Vietnam. Es ist hier genau so heiss und die Luft keine Spur sauberer. Trotzdem, irgendwie fühlen wir uns besser.
Grenzübergänge und ihre Besonderheiten oder warum Pit den Mund nicht halten kann
Zweieinhalb Monate in Thailand sind genug; wir freuen uns auf (nochmals) Laos und unser 36. Reiseland, Vietnam. Die letzten Tage bis zur Grenze bei Muktahan am Mekong fahren wir weitgehend auf Nebenstrassen, geniessen Aufmerksamkeiten in den Dörfern und finden immer ein günstiges Zimmer, nerven uns über plötzliche Hundeattaken und noch mehr über Thais, die das auch noch lustig finden und grosse Augen machen, wenn Pit den kläffenden Kötern Steine nachschickt. Erstmals seit Monaten zeigen sich dunkle Wolken und es gibt tatsächlich REGEN, richtigen REGEN! Der Monsun ist nicht mehr fern, Zeit die Region zu verlassen.
Letzten Herbst war der Grenzübertritt im Norden bei Chiang Khong eine kurze Sache, wird diesmal kaum anders sein. Meinen wir. Aha, das Visum einen Tag überzogen; wir werden in ein Büro gebeten und nach dem Grund gefragt. Bea schwant ungutes weil sie Pit kennt und der bereits einen Puls jenseits von 180 hat. Er legt dann gleich los und macht seinem Unmut Luft über das 15-Tage-Visum, das Schweizer, die auf dem Landweg einreisen, nur bekommen. Warum bekommen Deutsche, Franzosen . . . bla, bla, bla usw. Bea kann ihn nicht bremsen, der Ton wird gehässiger, lauter. Ein Tag Overstay kostet uns letztendlich 30 Dollar!, im Internet steht 5 Dollar pro Nase. Bezahlen wir mehr, weil Pit die Klappe nicht halten konnte? Bea meint ja, ihr Liebster ist einfach nur mordsmässig sauer.
Der nächste Ärger folgt auf dem Fuss. Die Brücke über den Mekong darf mit dem Fahrrad nicht befahren werden; das Velo muss in einem Bus mitreiten (10 Dollar hat der 2-Kilometer-Spass im Dezember gekostet). Andere Radreisende sind offenbar selber gefahren (?!), das wollen wir auf jeden Fall auch. „Verboten, geht nicht, nur mit dem Bus“, so die Auskunft am Schalter. Endlich kommt der Bus. Aber nicht für uns. Das Fussvolk steigt ein, zwei Velofahrer haben das Nachsehen. Kein Platz, wir sollen weiter warten. Da platzt uns beiden der Kragen, wir steigen in die Pedale und treten Richtung Brücke. Am letzten Checkpoint ist definitiv Schluss. Nein, zurück fahren wir nicht, auf keinen Fall! Die Grenzer rekrutieren den nächsten Pickup und zehn Minuten später sind wir auf laotischem Boden. Dass es inzwischen zu regnen angefangen hat, passt gut ins Bild. Ist uns aber wurscht, Hauptsache wir sind – nach einer Stunde herumhängen und ärgern – endlich über den Mekong. Glücklich, wer keine grösseren Sorgen hat. Wir wissen es.
Nach zwei Tagen Pause in Savannakhet – wir können erst ab dem 5. April nach Vietnam einreisen – geht’s auf dem Velo weiter.
Und nochmals Thailand
Für die Querung von Mae Sot an der burmesischen Grenze bis Savannakhet im Osten haben wir magere 15 Tage zur Verfügung. Deutsche, Franzosen, Italiener, Briten, Amis, Kanadier und Japaner können sich einen ganzen Monat Zeit lassen. Keine Ahnung, warum man uns wie Deppen behandelt. Sollte es wider Erwarten nicht reichen, überziehen wir eben ein paar Tage und bezahlen die Busse von 5 Dollar pro Nase/Tag.
Nichts desto Trotz, Gastfreundschaft gehört zu den Thais wie die Sahne auf die Milch. Kann der Wirt beim Mittagshalt nicht mit Bier dienen, holt er extra für uns zwei Flaschen im Laden, natürlich ohne Aufpreis. Selbst wenn wir nichts essen, stellt er Gläser und Eis zur Verfügung. Ein andermal offeriert der Chef Früchte zum Dessert und nachmittags reichen uns wartende Lastwagenfahrer frisches Wasser. Im Bus werden die Plätze ganz vorne frei gemacht, nur damit Pit etwas mehr Beinfreiheit bekommt. Würde in der Schweiz jemand freiwillig auf seine reservierten, komfortablen Sitze verzichten? Nach mehr als vier Monaten öffnen sich für uns vor Khon Kaen erstmals wieder die Himmelsschleusen, auf Donnergrollen folgt heftiger Tropenregen. Ohne grosses Wenn und Aber werden wir und unsere Velos auf einen Pick-Up verfrachtet und beim einzigen Resort abseits der Strasse – das wir alleine nie gefunden hätten – ins Trockene chauffiert.
Jeder Tag bringt angenehme Überraschungen, auch wenn die Verständigung oft ein Problem ist. Wir wundern uns immer wieder, wie schlecht es um die Englischkenntnisse hier in Thailand bestellt ist. Da haben wir die Philippinos um einiges kleverer kennen gelernt. Wer Englisch spricht kann auch im Ausland arbeiten.