Indonesien
Pulau Batam, kleine Insel südlich vor Singapur, zu Indonesien gehörend. Wir sind zurück im Hotel. Waren mit dem Grab-Taxi in Batam um endlich an die Tickets für die Fähre von morgen nach Jakarta zu kommen. Keine Chance. Zwei Reiseagenturen gibt es nicht mehr, die dritte hat geschlossen. Fahrkarten beim Fährhafen kaufen ist gemäss Internet nicht möglich (was sich als falsch herausstellt). Zur Stimmung passt der kräftige Nachmittagsregen. Wie weiter? Das nächste Schiff legt erst in einer Woche ab.
Die Tickets kann man online kaufen, haben wir in Singapur versucht. Hat prima geklappt bis zur Bezahl-Aufforderung, dann war Schluss. Bezahlen nur mit einer indonesischen Bankkarte möglich. Mit Hilfe des Rceptionspersonals im Hotel und genügend Bargeld kriegen wir die heiss ersehnte Quittung dann doch noch! Sie muss morgen am Hafen in Fahrkarten umgetauscht werden. Ganz so einfach lässt dich die Bürokratie in Indonesien nicht aus den Klauen.
Auf der MS KELUD finden 2000 Passagiere Platz die sich Zweierkabinen und Schlafsäle teilen. Allerdings sind neben einem Dutzend Europäer nur einige hundert Einheimische an Bord. Für die gut 850 km nach Jakarta im Süden ist das Fährschiff mindestens 30 Stunden unterwegs. Fliegen wäre natürlich die schnellere und etwa gleich teure Variante (ohne Velos!), aber da wir das Reisen mit Schiffen lieben und Fliegen mit Velos immer mühsamer wird, gab es keine Diskussionen bei der Planung. Das ruhige Dahingleiten in der Nacht und das sanfte Schaukeln waren perfekt für einen sanften Schlaf – wenn da nicht zu nachtschlafener Zeit der Muezzin laut-blechern aus dem Bord-Lautsprecher zum Morgengebet auffordern würde.
Indonesien und die Religionen
Indonesien mit seinen 274 Millionen Menschen ist das grösste muslimische Land der Erde. Der Islam ist jedoch nicht Staatsreligion. Allerdings müssen sich alle(!) Bürger des Inselstaates zu einer von fünf anerkannten Weltreligionen bekennen. Neben den 88% Muslimen gibt es buddhistische, hinduistische, christliche und konfuzionistische Minderheiten.
Dass Mädchen schon ab drei, vier Jahren die Amira (Form des Hidschabs) tragen, befremdet uns sehr. Wie wir lesen und hören, werden junge Frauen, die sich weigern die traditionelle Kopf- und Schulterverhüllung zu tragen, ermahnt, ausgegrenzt und sogar der Schule verwiesen. Für eine muslimische Familie unvorstellbar, dass die Mädchen und Frauen keine Amira tragen.
Die Religion prägt das tägliche Leben stark mit, sie ist immer und überall präsent.
Wir sind einmal mehr sehr, sehr dankbar, in einem offenen, freien, liberalen Land aufwachsen und leben zu dürfen, in dem Kirche und Staat strikte getrennt sind, wohlwissend, dass bei uns in der Schweiz auch nicht alles fantastisch ist.
Fünfmal täglich rufen die Muezzine zum Gebet, das dann meist in voller Länge per Lautsprecher auf die Strasse übertragen wird. Und weil es so viele Muezzine wie Moscheen gibt und alle zur gleichen Zeit zum Gebet auffordern(!) ist das Stimmengewirr ohrenbetäubend. Anfangs irritierend, mit der Zeit für uns nur noch nervig. Das haben wir so bisher in keinem muslimischen Land erlebt, und das waren doch einige, die uns sehr gefallen haben und die zu unseren Favoriten-Reiseländern gehören.
Endlich von Bord! Um 22 Uhr abends fluten Menschenmassen den Quai im Containerhafen Tanjung Priok in Jakarta, dann nochmals drängeln vor dem Gepäckscanner, wir mit den Velos mittendrin. Warum erneut eine (lasche) Gepäckkontrolle? Das weiss wohl niemand. Dann folgt der letzte Horror des Tages. Endlich weg aus dem spärlich beleuchteten Containerterminal, in dem der Teufel los ist! Wir quetschen uns vorbei an Dutzenden Trucks mit Containern. Trillerpfeifen, hochgeworfene Arme, Polizisten versuchen das Chaos zu entwirren, meist vergeblich. Trucker hupen, Taxifahrer auch, schreien Unverständliches. Wir schreien, wenn abgebogen werden muss. Und dann die Strasse! Mein Gott, was für eine löchrige Rumpelpiste. Mehr Licht wäre auch nicht schlecht. Loch oder Schatten? Noch acht Kilometer durch die finstere Stadt zum Hotel. Wir schaffen es ohne Schreckmomente. Das Bier haben wir uns verdient!
Wer in Jakarta mit dem Rad fährt, braucht starke Nerven, darf nie unaufmerksam werden und muss eine Portion Unverfrorenheit mitbringen, sonst kommt er/sie buchstäblich unter die Räder. Hunderte Mopeds und Roller rasen wie ein Hornissenschwarm von Ampel zu Ampel, als wenn es etwas umsonst gäbe. Überholen links und rechts meist gleichzeitg und nutzen jeden Zentimeter, den wir unbedarft offen lassen. Ohrenbetäubend der Lärm, und doch sehen wir in all den Wochen nur einen harmlosen Rempler. Kein Vergnügen für Velöler, darum buchen wir den Zug nach Surabaja, müssen aber vorher noch in der Nähe des Bahnhofs unsere Velos verpacken lassen. Velomitnahme im Personenzug nicht möglich. Unsere Rösser reisen ein paar Tage später. Professionell machen sich die jungen Typen ans Verpacken, es wird viel gelacht, sicher auch über uns. Kunden wie wir sind vermutlich eher selten. Sie sind sehr höflich und hilfsbereit, die Menschen in Indonesien!
Ein Besuch der Universitätsstadt Yogiakarta, vier Zugstunden westlich, lohnt sich. Der Borobudur, eine der weltgrössten buddhistischen Tempelanlagen etwas ausserhalb, lässt staunen. Gebaut wurde der Stupa um 800. Über Jahrhunderte von Regenwald überwuchert, teilweise verfallen, wurde er 1814 wiederentdeckt. Wir geniessen die drei Tage Kultururlaub in Yogiakarta.
Wie so oft, fallen wir als Europäer auf, werden immer wieder um ein Gruppenfoto gebeten, was besonders bei Schülerinnen mit grossem Gekicher einhergeht. Keine Ahnung, was uns für Minuten prominent macht. Es gibt noch andere Touris aus Europa. Leider machen die mangelnden Sprachkenntnisse auf beiden Seiten Gespräche schwierig.
Noch ist die Regenzeit nicht vorbei. 30 Kilometer vor der Fähre nach Bali, in Ketapang, werden wir „verschifft“ wie seit Thailand nicht mehr. Glücklicherweise fällt die Temperatur nur knapp unter 30 Grad, somit braucht es keinen Regenschutz, selbst die kräftigen Duschen, die uns die Autos bei grossen Pfützen bescheren, sind sowas von egal! Eine Strassenentwässerung, die den Namen verdient, kennt man in Indonesien nicht. Weniger lustig der Horror Blitzeinschlag in unmittelbarer Nähe im Taman Nationalpark, zwei Stunden zuvor. Gleichzeitig mit dem Blitz ein ohrenbetäubender Donnerschlag. Wahnsinn! Der Schreck sitzt uns noch lange in den Knochen.
Bali, Insel der Götter (für uns auch Insel des Regens und Windes)
Wir freuen uns auf die Insel! Nur ein kurzes Stück führt die Strasse durch den Bali Barat Nationalpark im Norden der Insel. Dann passiert es: unvermittelt fliegt ein Pärchen der wunderschönen und sehr seltenen Balistare über unsere Köpfe! Von den weissen Vögeln soll es nur noch ca. 50 Brutpaare im Park geben. Die Balistare sind streng geschützt (Rote Liste) und manche Beobachter sind Stunden erfolglos unterwegs. Wieder einmal Glückspilze, wir Velöler!
Geister, gute und böse, gehören zu Bali. Immer wieder fahren wir an irgendwelchen Zeremonien vorbei, erleben den Strassenumzug am Ogoh, Ogoh-Tag, an dem mit Opfergaben die bösen Geister vertrieben werden. Der Tag der Stille, Niepi, am folgenden Tag gehört der persönlichen Einkehr. An Niepi steht auf Bali alles still. Kein Flugverkehr, keine Hotelbuchungen möglich, kein Strassenverkehr, niemand arbeitet, die Leute bleiben zu Hause, wir sollen das Hotel tagsüber nicht verlassen. Immerhin bleibt das Restaurant bis 16 Uhr geöffnet. Sehr speziell.
Die Tour mit dem Taxibus von Singaraja nach Bedugul auf 1400m ü.M. hätten wir uns sparen können. Mitten im sehr steilen Schlussanstieg zum Kraterrand des Vulkans Gunung Tapak, inmitten einer endlosen Auto- und LKW-Kolonne, empfängt uns heftiger Regen mit stürmischem Wind und Nebel (bleibt die nächsten Tage so). Arbeiter versuchen den Hang- und Strassenrutschen Herr zu werden. Grosses Chaos. Idiotisch, das Hotel zu verlassen, wir wären in Minuten pitschnass. Schade, das Golfresort liegt wunderschön eingebettet in Wald, Wiesen und Berge.
Ubud und Denpasar
Massentourismus in Ubud und Denpasar, viel Abfall und doch wuderbar grün und landschaftlich reizvoll. Bali leidet unter dem enormen Wachstum und dem Unvermögen der Einheimischen, das Abfallproblem endlich anzugehen. Grosse und kleine Schweinereien überall. Leitungswasser trinken bei Androhung von schwerer Magenverstimmung verboten!
Schade für die Schönheiten, die die Insel zweifellos hat. Aber das tolle Bali, das auf viele Europäer, Russen und Australier offenbar grosse Anziehung ausübt, kann uns nicht wirklich begeistern.
